Die AOC Bandol ist bekannt dafür, den Anbau der Mourvèdre perfektioniert zu haben. Neben dieser eigenwilligen Rebsorte gibt es aber noch ein paar andere, die eine Vorstellung verdient hätten. Eine Einführung in die Weinreben Bandols.
Die Comeback-Künstlerin: Mourvèdre
Die Mourvèdre ist unbestritten die wichtigste Rebsorte in Bandol. Ihre kleinen, süssen Beeren mit der dicken Schale vergären zu kräftigen Weinen mit hohem Alkohol- und Tanningehalt. “Charakterweine”, nennt man sie dann gerne. Die Mourvèdre reift spät und braucht viel Wärme, die sie an den sonnigen und windgeschützten Hängen Bandols zur Genüge findet. Schon bei Anhöhen von 300 m. ü. M. wird es ihr aber ein bisschen zu kühl. Ursprünglich soll sie aus dem warmen Spanien stammen, womöglich hat sie den Namen sogar vom Ort Murviedro bei Valencia.
Die Rotweinsorte gedeihte in der Provence prächtig, als in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts plötzlich die Phylloxera-Plage über Europa fegte und einen Grossteil der Rebpflanzen vernichtete. Im Versuch, ihre Weingüter schnell wieder auf die Beine zu stellen, bauten viele Winzer:innen danach einfachere Rebsorten mit grösserem Ertrag an. Die edlere Mourvèdre geriet etwas in Vergessenheit, bis in den 40er-Jahren eine Gruppe Winzer ihre Relevanz wiederentdeckte. Sie setzten sich dafür ein, Bandol zu einer Appellation d'Origine Contrôlé zu machen – für das Label mussten Weine mindestens 10% der traditionellen Mourvèdre beinhalten. Inzwischen müssen Rotweine der A.O.C. Bandol mindestens 50% Mourvèdre beinhalten, die meisten haben aber weitaus mehr.
Der Sidekick: Grenache
Garnacha, Alicante, Redondal, Roussillon? Die Grenache ist weltweit verbreitet und unter vielen Namen bekannt. Mindestens 150.000 Hektar davon soll es auf der Welt geben. Zusammen mit der Mourvèdre macht sie die zwei Hauptbestandteile der Bandol-Rotweine und Rosés aus. Anders als die Mourvèdre reift sie aber früh und droht im warmen südfranzösischen Klima überreif zu werden (und somit zu Wein mit zu hohem Alkoholgehalt zu vergären). Die Winzer:innen in Bandol pflanzen die Grenache deshalb bevorzugt an den kühleren Nordhängen an und die Mourvèdre an den wärmeren, nach Süden ausgerichteten Hängen. Win-win.
Die Widerstandsfähige: Cinsault
Die Cinsault oder Cinsaut dürfte der Klimaerwärmung noch eine Weile trotzen: Sie ist bekannt dafür, auch hohe Temperaturen und Dürreperioden auszuhalten. Das macht sie in besonders heissen Regionen wie Algerien, Marokko und Tunesien zu einer sehr wichtigen Rebsorte. Ausserdem ist die Cinsault eine Teinturier, auf Deutsch eine Färbertraube. Das heisst, sie trägt ihre rote Farbe nicht nur in der Schale, sondern auch im Fruchtfleisch. Mit ihrem geringen Tanningehalt und dem frischen Duft nach Beeren wird sie gerne im Verschnitt verwendet. 1925 wurde die Cinsault mit Pinot Noir gekreuzt – entstanden ist dabei die Pinotage, das heutige Markenzeichen von Weinen aus Südafrika.
Die Blasse: Clairette Blanche
Die “helle Weisse” ist eine der wenigen Rebsorten, die auch im Französischen einen weiblichen Artikel trägt. Es gibt auch eine Clairette Rose, aber die ist seltener anzutreffen, weswegen die Sorte Blanche in Frankreich auch einfach Clairette genannt wird. Trotz ihrer Blässe bevorzugt die Clairette sonnige Lagen, ausserdem mag sie magere Böden. Früher war die Sorte weit verbreitet, inzwischen hat sie wegen ihres niedrigen Säuregehalts, hohen Alkoholgehalts und der Eigenschaft, schnell zu oxidieren, an Beliebtheit verloren. Aber eine relativ frühe Ernte und eine sorgfältige Verarbeitung gleichen ihre Nachteile wieder aus und bringen im Wein frische Noten von grünen Äpfeln, Fenchel und Zitrusfrüchten zur Geltung.
Die Gemütliche: Bourboulenc
Unter den Synonymen der Bourboulenc findet man manchmal auch die Clairette Blanche wieder, aber in Bandol-Weinen werden die beiden klar unterschieden. Die Bourboulenc ist eine unkomplizierte Rebsorte. Sie liefert gute Erträge und lässt sich selbst von der Grauschimmelfäule nichts anhaben. Sie reift zwar gemütlich spät, ist aber für Winzer:innen praktisch, weil sie auch im warmen und trockenen Mittelmeerklima ihre Säure behält. Bedingung ist dabei, dass sie schön reif werden kann, was nur in guten Jahren der Fall ist. Deshalb ist sie im Vergleich zu anderen Rebsorten auch eher selten anzutreffen. Sie wird auch fast nur als Verschnitt verwendet, da sie im Wein für harmonische Säure und eine gute Struktur sorgt. Auf sich alleine gestellt würde die Bourboulenc Weine mit Zitrusnoten ergeben, mit einem Hauch rauchiger Eigenständigkeit.
Die Vielseitige: Ugni Blanc
Die Ugni Blanc ist eine sehr sehr alte, sehr ertragreiche Weissweinsorte. In Italien heisst sie Trebbiano, macht etwa einen Drittel der italienischen Weissweine aus und wird um Modena zum Aceto Balsamico verarbeitet. Ursprünglich stammt sie aus der Toscana, der Trebbiano Toscano ist einer von sieben offiziellen DOC (denominazione di origine controllata). Auch in Frankreich ist sie eine der verbreitetsten Weissweinsorten, heisst im Süden Ugni Blanc und weiter nördlich, wo der daraus gewonnene säuerliche Wein für Cognac verwendet wird, Saint Émilion. Die Ugni Blanc fühlt sich auf fast allen Böden wohl und wird ausserhalb Europas unter anderem auch in Kalifornien, Mexiko, Argentinien, Chile, Brasilien und Australien angebaut.