Bernhard «Benä» Baumgartner und Daniel «Dänu» von Gunten haben Bandol vor 16 Jahren gemeinsam gegründet. Die beiden Freunde im Interview.
Bernhard und Daniel, ihr seid schon lange befreundet. Wo habt ihr euch kennengelernt?
Daniel: Im Junioren-Fussballteam! Da waren wir nur etwa 15 oder 16 Jahre alt. Aber dann verloren wir uns lange aus den Augen. Etwa zehn Jahre später organisierte ein gemeinsamer Freund von uns eine Weinreise ins Burgund und wir gingen beide mit. Seither sind wir gute Freunde.
Dann hat euch also der Wein wieder zusammengebracht? Wie passend! Hat diese Reise eure Leidenschaft für Wein entfacht?
Bernhard: Ich bin mit Wein aufgewachsen. Mein Vater war Volkswirtschaftsdirektor des Kanton Berns und dazu kantonaler Rebbaukommissär.
Rebbaukommissär? Klingt ziemlich ernst...
B: Er musste zum Beispiel den sogenannten «Lesebann» verhängen – also den Weinbauern mitteilen, wann sie mit der Traubenlese beginnen dürfen. Das war nicht einfach: Für die einen war der Start zu früh, für die anderen zu spät. Er legte auch die maximalen Erträge fest und machte Qualitätskontrollen. Jedenfalls gab es zuhause immer guten Wein auf dem Tisch. Blinddegustieren lernte ich sehr früh.
D: Ich habe auch schon immer Wein getrunken. Selbst mit Benä gab es selten mal etwas anderes. Wir treffen uns kaum je auf ein Bier!
Aber warum gerade Wein aus Bandol?
B: Weil ich mir dort ein Haus kaufte. Ich war als Kind oft in Frankreich und entwickelte einen Frankreich-Tick. Da entschied ich: Irgendwann werde ich «en France» ein Haus haben. Ich schaute mir sicher 50 oder 60 Häuser an, bevor es dann von meiner Familie hiess: Wenn schon ein Haus, dann bitte am Meer! Also wurde es 1999 ein Haus in La Cadière d’Azur bei Bandol.
D: Ein paar Jahre später machten wir mit unseren Familien gemeinsam Ferien in dem Haus. Die Kinder stritten sich zwar, aber wir Erwachsenen hatten eine gute Zeit.
Also habt ihr nach einer Ausrede gesucht, um möglichst oft zurückzukehren?
B: So ungefähr (lacht). In dem Sommer, es war im 2003, gingen wir mal auf Degustationstour. Und auf dem Weg von einem Weinbauern zum nächsten drehte ich mich plötzlich zu Dänu um und meinte: «Eigentlich könnten wir diese Weine doch in die Schweiz bringen!»
D: Und ich hatte lustigerweise die genau gleiche Idee gehabt.
Hattet ihr womöglich ein bisschen zu viel degustiert?
B: Vielleicht! Aber die Idee machte auch Sinn. Bandol produziert erstklassigen Wein. Er wird mit Burgunder und Bordeaux zu den «drei grossen Bs» in Frankreich gezählt. Aber in der Schweiz war er damals kaum auffindbar.
D: Da hatten wir also ein noch unbekanntes Weinbaugebiet und eine kaum bekannte Traubensorte, die Mourvèdre. Und dazu wirklich gute Qualität – zu erschwinglichen Preisen.
Wie wird man denn vom Weingeniesser zum Weinhändler?
B: Da kann man ganz schön verrückt dabei werden. Wir wussten ja, dass das Ganze mit viel Bürokratie verbunden sein würde. Aber die schiere Menge an Papierkram überstieg all unsere Vorstellungen. Da fragt man sich schnell mal, ob es den Aufwand wert ist.
D: Am Anfang kassierten wir auch viele Absagen. Etwa, weil wir zu klein waren, oder weil manche Weinbauern in Bandol tatsächlich kein Interesse daran haben, ihren Wein ins Ausland zu verkaufen.
Das klingt bisher noch nicht gerade nach einem spassigen Hobby.
B: Ich kannte ja aber zum Glück auch schon eine Handvoll Weinbauern durch Degustationen. Ein paar der Weingüter standen damals noch ganz am Anfang. Bei «Suffrène» und «Gros’ Noré» waren wir schon in den ersten Jahren dabei.
Und sie sind noch heute im Sortiment...
B: Ja, da sind echte Freundschaften entstanden. Alain Pascal von der Domaine Gros Noré lädt uns jedes Mal wieder zum Nachtessen ein und serviert uns dann Wild, das er selbst erlegt hat. Ich war auch schon mal mit ihm jagen – in meinem Leben war ich noch nie dermassen erschöpft!
Cédric Gravier von der «Domaine La Suffrène» war auch schon mal bei uns zuhause in Bremgarten zu Besuch. Manchmal nehmen wir alle nötigen Zutaten aus der Schweiz mit und laden ihn in La Cadière zum Fondueabend ein. Dann wird viel Chasselas vom Bielersee getrunken. Diesen spritzigen Weisswein gibt es im Süden nicht.
Wie oft seid ihr denn in Bandol?
B: Ich gehe mehrmals im Jahr hin. Wenn ich in Bern ins Auto steige und erst in Bandol wieder aussteige, brauche ich sechs Stunden für die Fahrt. WC-Stopps gibt es da keine, das haben meine Kinder schon früh lernen müssen.
16 Jahre sind seit der Gründung 2004 vergangen. Was hat sich seither verändert?
D: In Bandol selbst sieht man, dass die Weingüter professioneller geworden sind. Sie sind organisierter und wissen sich online besser zu vermarkten. Es gibt jetzt auch viel mehr Bio-Weingüter. Wobei man sagen muss: Die meisten waren dank dem günstigen Klima dort schon vor den Labels so gut wie bio.
Sind die Weine also mittlerweile im Mainstream angelangt?
D: Die Weine sind zum Glück immer noch die alten. Die meisten Weingüter sind Familienbetriebe; da wird man herzlich empfangen, probiert sich stundenlang durch den Weinkeller und wird spontan zum Essen eingeladen. Bei den grossen Namen sieht das dann schon anders aus.
Bandol ist sich also treu geblieben. Wie entwickelt sich Bandol Vins & Comestibles?
B: Zum einen hat sich das Team ein paar Mal verändert. Michel, unser Kreativgeist, ist nun schon lange dabei. Meine Partnerin Cony und unser Freund Rainer sind erst dieses Jahr dazu gekommen. Und Dänu und ich haben wohl vorallem sehr viel über Wein und das Business dazu gelernt.
D: Wenn ich da an unsere allererste Degustation zurückdenke, muss ich lachen. Da haben wir völlig überschätzt, wieviel ein durchschnittlicher Besucher überhaupt degustieren kann. Wir hatten so viele Flaschen dabei!
Nun passieren euch solche Fehler nicht mehr. Aber hat eure anfängliche Begeisterung die 16 Jahre gut überstanden?
B: Ja, sonst würden wir wohl aussteigen. Weine zu entdecken und mit den Weinbauern lange Diskussionen über Wein zu führen – oder mit Freunden mit Blick auf die Weinberge anzustossen – das macht alles noch genau so viel Freude wie ganz am Anfang.